Lang ist’s her vor über 30 Jahren, als ich das brandneue „A700“-Tonbandgerät 1974 aus dem großen Karton holte, sie war genau zur Funkausstellung Berlin im August 1973 vorgestellt worden, sechs Jahre nach Einführung der kleineren Schwester A77.
Beim Hersteller in Zürich-Regensdorf hatte man rasch erkannt, dass man mit der neuen Transistortechnik weit mehr Elektronik-Funktionen, damit auch Genauigkeit und Bedienungkomfort bei kleinem integrierten Aufbau zuwege brachte, kaum denkbar in Röhrentechnik.
Im Grundkonzept füllt die A700 eine wichtige, auch preisvorteilhafte Lücke zwischen der A77-Schöpfung und den hochwertigen Studiomaschinen B67 bis A80. Ja, die A700 hatte mit den vier Bandausgleich-Rollen, zwei davon pendelfähig, schon das Bandlaufkonzept dieser Profimaschinen!
Sieghart Brodka – ReVox A700
Die Gleichlaufwerte lagen besser als in der Studionorm, hinzu kamen weitreichende Ausstattungen wie Anwendungen in den drei Bandgeschwindigkeiten 9,5 cm/s, 19 cm/s und 38c m/s. Der über Quarz-Frequenzvergleich tacho-kontrollierte Tonmotor lief exakt, die Wickelmotoren waren sinusgesteuert. Außerdem begünstigte die dicke Tonwelle von 10 mm wie bei Studiogeräten den exzellenten Bandgleichlauf, bei 38 cm/s sogar </= 0,06 %! In der Laufzeitanzeige stimmte bei 19 cm/s der Doppelwert in Minuten und Sekunden, bei 9,5 cm/s rechnete man dies auf die doppelte, bei 38 cm/s auf die Hälfte zur tatsächlichen Spielzeit um.
Wie bei der ReVox B77 konnte man mit externem Zusatz die Bandgeschwindigkeiten stufenlos im Gesamtbereich von 6,5…57 cm/s stufenlos verändern. Ein guter Vorteil, wenn bei Playback und Zumischen von Fremdquellen die musikalische Tonlage aus verschiedensten Gründen differierte (z.B. akustischer Orgel, Klavieren in kalten Räumen, was ich zwar nicht anwendete, aber bei kommerziellen Praxis- wie Studioarbeiten durchaus vorkommt). Ansonsten waren mit dem extra käuflichen Fernsteuerzusatz alle Bandlauffunktionen über eine Kabellänge von ca. 10 m fernzutasten.
Praxiskomfort war das eingebaute Zweikanal-Doppelmischpult
Ein großer Praxiskomfort war das eingebaute Zweikanal-Doppelmischpult, für zwei Stereo-Mikrofone (symmetrisch nieder- bzw. hochohmig) oder zwei Radio-, Phono- bzw. Aux-Eingänge, wobei die zwei Kanäle in der Tonquelle beliebig miteinander kombinierbar waren. Eine gute Aufnahmekontrolle ergab sich natürlich durch Vor-/ Hinterbandhören mit gleichzeitig umgeschalteter VU-Modulationsmessung, die Spitzenwert-Anzeige geschah mit Leuchtdioden, ganz analog zu der kurz zuvor herausgekommenen B77-Maschine. Ein frontregelbarer Wiedergabe-Entzerrer für Höhen/Tiefen, Wahlschalter links-/rechts oder Stereo-Reverse gaben zusätzlichen Komfort, etwa für die passende Leistungs-Endstufe A 722.
Freilich war die A700 mit (Standard)-Tonköpfen und breiter 2mm-Trennspur ausgelegt, es gab aber auch Fremdfirmen-Zurüster für die Schmetterlingsköpfe mit 0,75mm-Trennspur, die nochmals 3dB Dynamik und Rauschabstand brachten (ob von REVOX original zu ordern, weiß ich nicht mehr). Ausführliche Tests und Nachmessungen über die A700 gab es von mindestens drei großen Fachzeitschriften, wobei die Nachmesswerte immer mal besser als die Prospektangaben waren. Durch vermehrten Einbau von IC-Bausteinen im Operations- wie Übertragungsweg, wurden auch bessere elektrische Werte als bei der A77 erzielt.
Zufriedenstellende Erfahrungen mit der ReVox A700
Meine Erfahrungen mit der A700 waren recht zufriedenstellend, obwohl große Abmessungen und entsprechendes Gewicht von rund 24Kg mitzuschleppen waren. Meist nahm ich Jazz-Kapellen, aber auch kleine (Klassik-) Orchester live auf, verfälschende Lautsprecheranlagen waren in der Bühnentechnik längst noch nicht Standard, höchstens ein Ansagemikrofon mit Verstärker. So genügte ein Stereopaar (AKG-C33) zentral über bzw. vor dem Klangkörper und je ein Stützmikrofon (AKG CK1/ C451CB) links bzw. rechts bei den Gruppen positioniert, die schwächer eingemischt wurden.
Immerhin hatte die A700 vier unabhängige Eingangsmischregler, dazu einen Summen-Aufnahmeregler, alle in bedienungsfreundlicher Schiebeausführung! Das Bandrangieren geschah dank der je zwei Servo-Einschwingrollen und der gerillten Umlenkrollen sehr behutsam, dabei flatterfrei rasch und schnell von der kleinsten bis zur großen 27,5cm-Spule, Bandteller mit NAB-Adaptern konnten auch aufgelegt werden. Auch die dünnen Dreifachspielbänder ließen sich darauf verwenden (laut Angabe in Fachtests, – was ich aber nicht realisierte, die Wickel wellig, die Bandremanenz / -sättigung war mangelhaft, eine Bandschnitt-Reparatur fast unmöglich!).
Eine eigene Repetiertaste gestattete schnellen Bandrücklauf bis zur gewünschten Stelle mit sofortigem Wiedergabelauf. Von schnellem Umspulen konnte man sofort auf Bandlauf und umgekehrt tasten, eine eigene LSI-Schaltlogik umging dabei die einst bei der A77 gewählte Relaisschaltung. Auch andere Automatiken einschließlich einer Projektorsteuerung (mit Impuls-Tonkopf-Nachrüstung) waren bei diesem aufwendigen Gerät möglich. Leuchttasten in einer Reihe ergaben eine gute Arbeitskontrolle, eine integrierte Bandklebeschiene vor den Tonköpfen half zum leichteren Bandschnitt. Viele andere Eigenschaften zur angenehmen Bedienung und (damals) perfektem Klang waren noch „hinein konstruiert“, die Beschreibung würde aber den Rahmen sprengen.
Im gleichen Design passend brachte REVOX gleichzeitig den Digital-UKW-Spitzen-Tuner „A 720“, die 120/180 Watt NF-Leistungsendstufe „A 722“ und die HIFI-Boxen „AX 3-3 bzw. 4-3″ mit 40/60 bzw. 60/80W Leistung heraus. Ich habe nur die Bandmaschine A 700 einige Monate benützt, sie dann weiterverkauft, letztlich blieb mir über 22 Jahre die kleinere und leichtere, preisvorteilige B77-(HS)Bandmaschine.
Ich kann auch heute eine gebrauchte intakte A700 für universelle Anwendungen in den drei meist verwendeten Bandgeschwindigkeiten immer empfehlen, so man irgendwo noch eine erhält.
Sieghart Brodka im Februar 2006 für das STUDER und ReVox Infoportal.
Dr. Sieghart Brodka
Dipl. Chemiker, Freier Fachautor, Gerätetester für HiFi-, Audio-Technik. Mikrofone, Mischpult, Magnetband. Analogtechnik von 1972 bis 1983, ca. 60 Publikationen in Fachzeitschriften wie „Film- & Tontechnik“, „Colorfilm“, „Film & Video“ (Heering-Verlag und Nachfolger), „Ton- & Videotaping“, „KlangBild“, „ELO“- bzw. „Funkschau“ (Franzis-Verlag, Hifi-TV / Keller-Verlag), Einzelpublikation in der „Süddeutschen Zeitung“ („Kunstkopf-Hörspiele“).
1984–1996 (vereinzelt auch bis 2010) weiterhin Publikationen / Tests wie Ereignisinfos, ab 1987 auch in Digitaltechnik, 40 Publikationen in Fachzeitschriften wie „FKT – Fernseh-Kinotechnische Gesellschaft“ (Hüthig- jetzt Schiele & Schön-Verlag) „STUDIO“, „Professional Production“ (EuBuCO-Verlag – u.a., „Der Kameramann“, „Medienbulletin“ u.a.) Ab 1997 schon EDV-Gerätetests, ab Jahr 2002 Gerätetests / Publikationen auch in Web-Foren.
Sieghart Brodka verstarb im Februar 2017 in München.