Das Konzept der 4-Kanal Tonbandmaschine STUDER J37 war vorgegeben: Bei der Entwicklung der STUDER C37 war diese Version nämlich bereits eingeplant worden. Es ging also damals „nur“ darum, die Maschine auf vier Audio Aufnahme- und Wiedergabekanäle zu erweitern.
Durch die Verwendung von einem 1 Zoll (25,4 mm) breiten Tonband entsprach die Qualität von jedem Kanal dem einer Mono-Vollspuraufnahme. Ein Vorteil, der bei den damals immer beliebter werdenden Playback-Aufnahmen von großer Bedeutung war. Für diesen Zweck war die J37 auch mit einem Sync-Playback-Verstärker ausgerüstet.
Dieser erlaubte es ab Aufnahmekopf Playback Signale einzuspielen und synchron (ohne Zeitversatz) auf einem freien Kanal (ohne Kopie) den weiteren Track aufzuzeichnen. Dieser Playback-Teil war dem Laufwerk vorgelagert und gab der J37 – neben dem breiten Tonband – ihr typisches Aussehen.
Das breite Tonband hatte zur Folge, dass nicht nur der Kopfträger, sondern auch alle Bandführungen, die Andruckrolle, die Capstanachse und die Bandadapter angepasst werden mussten. Auf dem auswechselbaren Kopfträger waren neu entwickelte Vollmetallköpfe montiert, die in eigener Fertigungstechnik gebaut wurden.
Das „Arbeitspferd“ der 1960er Jahre.
Die STUDER J37 wog rund 150 Kg, hatte in der Elektronik 42 Röhren und verbrauchte im Betrieb rund 500 Watt Leistung. Sie wurde die Mehrkanalmaschine auf dem internationalen Paket der Schallplattenproduzenten und war damit das „Arbeitspferd“ der 1960er Jahre.
Ein Anwender waren zum Beispiel die Abbey Road Studios (Beatles, Pink Floyd) in London, die vorher mit Telefunken Maschinen produzierten. Dort hatte man damals sogar acht Maschinen dieses Typs zur Verfügung. Auch heute steht in London noch ein Studio mit der Originalausrüstung aus dieser Zeit.
Man nutzte die J37 zum Beispiel vor ein paar Jahren, um sämtliche Beatles Aufnahmen für die Best-Of-Compilation „1“ zu produzieren (wurde auch wieder als Schallplatte veröffentlicht). Die Geräte dort sind nach wie vor voll funktionstüchtig und im Einsatz! Manche Musiker wissen den besonderen analogen Röhren-Sound einfach noch zu schätzen!
Das folgende Video informiert über ein Audio-Plugin, welches die STUDER J37 simuliert. Zusätzlich erfährt man etwas über die Geschichte der Maschinen in den Abbey Road Studios.
Berühmte Aufnahmen mit der STUDER J37
Das legendäre Beatles-Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ entstand 1967 in den Abbey Road Studios in London auf einer STUDER J37 Maschine. Das Original-Tonbandgerät wanderte vor einigen Jahren übrigens zurück in die Schweiz zum STUDER ReVox Museum, das heute so nicht mehr existiert. Wo die Maschine verblieben ist, weiß ich allerdings nicht. Weitere Produktionen mit dieser Maschine findet man in der folgenden Tabelle.
Nummer 1 Hits mit STUDER C37 und STUDER J37
Die Abbey Road Studios produzierten zwischen 1963 und 1977 unter anderem die folgenden Nr. 1 Hits auf STUDER C37 und STUDER J37 Maschinen.
Jahr | Titel | Interpret |
1963 | The Next Time | Cliff Richard |
1963 | Summer Holiday | Cliff Richard |
1963 | From Me To You | The Beatles |
1963 | Bad To Me | Billy Kramers |
1963 | She Loves You | The Beatles |
1963 | I Want To Hold Your Hand | The Beatles |
1964 | Anyone Who Had A Heart | Cilla Black |
1964 | Can´t Buy My Love | The Beatles |
1964 | World Without Love | Peter & Gordon |
1964 | A Hard Day´s Night | The Beatles |
1964 | Do Wah Diddy Diddy | Manfred Mann |
1964 | I Feel Fine | The Beatles |
1965 | I`ll Never Found Another You | The Seekers |
1965 | The Minute You`re Gone | Cliff Richard |
1965 | Ticket To Ride | The Beatles |
1965 | I`m Alive | The Hollies |
1965 | Help | The Beatles |
1965 | Day Tripper | The Beatles |
1965 | The Carnical Is Over | The Seekers |
1965 | We Can Work It Out | The Beatles |
1966 | Pretty Flamingo | Manfred Mann |
1966 | Paperback Writer | The Beatles |
1966 | Yellow Submarine | The Beatles |
1966 | Eleanor Rigby | The Beatles |
1967 | All You Need Is Love | The Beatles |
1967 | Seargent Pepper´s LP | The Beatles |
1967 | Hello Goodbye | The Beatles |
1967 | Lady Madonna | The Beatles |
1968 | Hey Jude | The Beatles |
1968 | Lilly The Pink | Scaffold |
1971 | My Sweet Lord | George Harrison |
1974 | Ernie | Benny Hill |
1975 | Make Me Smile | Steve Harley |
1975 | Whispering Grass | Don Estelle |
1977 | Mull Of Kintyre | The Wings |
Anwender der STUDER J37
Im Jahre 1966 wurde die erste STUDER J37 (es handelte sich um einen Prototyp dieser Modellreihe) an Radio Budapest in Ungarn verkauft. Ebenfalls vertreten war die J37 natürlich auch in den Abbey Road Studios in London (siehe weiter oben – „Berühmte Aufnahmen“).
Multimedia
Das folgende Video ist Teil 3 von 7 der Serie „Chaos & Creation at Abbey Road“ in der kein Geringerer als Paul McCartney vor ausgewähltem Publikum anhand der alten Technik präsentiert, wie die Beatles Ihre Musik produzierten. Die STUDER J37 darf natürlich nicht fehlen und ist auch in diesem Video deutlich sichtbar.
Hallo,
eine Maschine kann man auch im Beatlesmuseum in Halle sehen. Dort war ich gerade um diese alte Technik zu bewundern.
Gruß Harald!
Man erkennt sofort die Liebhaberei für solche tollen Maschinen an dieser ausführlichen und tollen Berichterstattung diese es der Nachwelt erlauben, wenn auch nur einen kleinen Blick hinter die damals noch sehr Technisch aufwändige Technik machen zu dürfen. Glück dem, der dieses Wunderwerk an Präzision und Technik auch mal Live erleben kann oder konnte. So manch einer würde da nicht mehr so vom Digitalen Zeitalter in dem nur noch Mp3 usw. dominieren, überzeugt sein. Mit solchen Maschinen wurden die Songs aufgenommen die auch heute noch Top Hits in bester Performance sind.
Ich selbst habe noch eine, wenn auch Digitale Maschine von Sony eine DASH 3324a.
Einfach immer wieder toll solche sprechenden Maschinen sehen und hören zu dürfen.
Danke für Deinen netten Kommentar, Andreas!