Sie möchten sich ein neues oder gebrauchtes Tonbandgerät zulegen und wissen nicht, worauf man beim Kauf achten sollte? Dann sind Sie hier genau richtig! In diesem kleinen Ratgeber möchte ich die Art von Fragen beantworten, die mir immer wieder zu diesem Thema per E-Mail gestellt werden.
Tonbandgeräte erfreuen sich immer noch (und immer mehr?) großer Beliebtheit bei HiFi-Enthusiasten und ambitionierten Studio-Benutzern. Einerseits gefällt vielen Menschen die Optik einer Bandmaschine und die sich drehenden Spulen. Der hauptsächliche Grund sich heutzutage ein Tonbandgerät anzuschaffen ist aber sicherlich der besondere analoge Tonband-Sound.
Tonbandgerät neu oder gebraucht kaufen?
Jeder, der sich für das Thema interessiert, wird wissen, dass die große Zeit der Großspuler eigentlich lange schon vorüber ist. Das letzte professionelle Tonbandgerät, das z.B. von STUDER bis in das Jahr 2003 produziert wurde, war das Modell STUDER A807. Andere professionelle Hersteller wie Tascam, Otari oder Sony hatten die Produktion von Bandmaschinen zur ungefähr gleichen Zeit oder deutlich früher eingestellt. Wer heute also ein solches Gerät besitzen und nutzen möchte, muss in aller Regel auf gebrauchte Technik zurückgreifen.
Zwei kleine Ausnahmen bieten in diesem Bereich die Firmen Ballfinger und Thorens. Beide Hersteller haben in den letzten Jahren neue Geräte entwickelt und tatsächlich auf den Markt gebracht!
- Die Firma Ballfinger aus Düsseldorf bietet seit wenigen Jahren sehr hochpreisige Neugeräte an, deren Käuferschaft vor allem im High-End-Bereich zu finden ist. Die auch vom Design sehr ansprechenden Geräte werden teilweise nur als Wiedergabe-Maschinen angeboten und liegen preislich im fünfstelligen Bereich.
- Auch die Firma Thorens bietet mit dem Modell TM 1600 ein reines Wiedergabe-Gerät für High-End-Enthusiasten an. Für das „schicke Teil“ muss der interessierte Käufer allerdings auch hier über 11.000 Euro auf den Verkaufstresen legen.
Für das Jahr 2017 hatte auch ReVox mit dem „Project R2R“ ein neues Tonbandgerät angekündigt. Die zunächst reine Wiedergabe-Maschine, die in Zusammenarbeit mit „Horch House“ entwickelt und vom alten ReVox-Designer Manfred Meinzer gestaltet wurde, orientierte sich rein äußerlich an der ReVox A700. Der anvisierte Verkaufspreis sollte zwischen 4.000 und 5.000 Euro liegen. Eine Maschine mit Aufnahmefunktion wurde auch in Aussicht gestellt. Sogar Produktfotos geisterten damals durch das Internet und machten Hoffnung auf ein Anknüpfen an alte Zeiten. Letztlich ist das Projekt sang- und klanglos verschwunden. Alle Links zu den offiziellen Projekt-Seiten von ReVox und Horch House laufen heute ins Leere und die Idee scheint – warum auch immer – begraben worden zu sein.
Gebrauchte Tonbandgeräte gibt es hingegen vor allem auf Verkaufsplattformen im Internet in Hülle und Fülle! In diesem Ratgeber möchte ich mich allerdings nur den semiprofessionellen und den Profi-Geräten von STUDER und ReVox widmen. Tonbandgeräte von Grundig, Philips oder Saba (um nur ein paar wenige damals bekannte Hersteller zu nennen) sollen hier nicht das Thema sein. Der Grund dafür ist unter anderem, dass diese Geräte niemals professionelle Ansprüche erfüllt haben und auch nicht sollten – das war, wie man heute sagen würde „Consumer-Elektronik“. Zudem ist die Ersatzteilversorgung für diese Geräte gar nicht mehr möglich oder kann, nicht durchgehend gewährleistet werden. Bei STUDER und ReVox sind Ersatzteile und Fachwerkstätten die sich auf diese Produkte spezialisiert haben in der Regel nicht wirklich ein Problem!
Tonbandgerät kaufen – ein Ratgeber
Zuerst sollte man sich die Frage stellen, für welchen Zweck man ein Tonbandgerät haben möchte. Geht es nur um optische Belange und den Wunsch „drehende Spulen“ im Wohnzimmer zu sehen? Oder möchte man mit einer Bandmaschine richtig gute analoge Aufnahmen anfertigen? Für den zuerst genannten Zweck kann man gerne ein günstiges Angebot aus diversen Kleinanzeigenportalen verwenden. Eine laufende und optisch einigermaßen ansehnliche ReVox A77 gibt es beispielsweise ab rund 300 Euro.
Bei der Anschaffung sollte man ansonsten immer bedenken, dass die Technik mindestens zwischen 20 und 50 Jahre alt oder älter ist. Und selbstverständlich kann auch eine ReVox oder STUDER-Maschine nach so vielen Jahren Probleme haben, die zuerst gelöst werden sollten. Vonnöten ist also möglichst eine „Komplett-Revision“ vor oder direkt nach dem Kauf!
Bei solch einer Generalüberholung werden in der Regel alle Kondensatoren und andere anfällige Bauteile komplett durch neue ersetzt. Auch Kugellager, Gummiriemen (bei ReVox nur für Zählwerke) und jede Menge Glühbirnchen müssen ersetzt oder gleich durch LED-Technik ausgetauscht werden. Ebenso wichtig sind selbstverständlich auch die Tonköpfe!
Im Laufe der vielen Betriebsjahre haben sich die bis dahin verwendeten Bänder manchmal regelrecht in die Köpfe eingefräst. Der sogenannte „Kopfspiegel“ bei Tonbandgeräten (das ist der abgefräste Teil in der Mitte des Tonkopfes) darf nicht breiter als 3 mm sein, da ansonsten die benötigten Werte für Aufnahme und Wiedergabe nicht erreicht werden können. Den Aufnahmen fehlt es dann z.B. deutlich hörbar an Höhen.
Fachwerkstätten, die Komplett-Revisionen anbieten, finden Sie hier im Portal in der Linksammlung. Manche dieser Anbieter verkaufen auch bereits revidierte Geräte. Klar sollte grundsätzlich sein, dass so eine Revision nicht „umsonst“ zu haben ist! Neben den Bauteilen benötigt ein Fachmann (respektive eine Fachfrau) viel Erfahrung (Ausbildung zum Rundfunk- und Fernsehtechniker), die technische Ausrüstung in der Werkstatt (präzise Messgeräte), die entsprechenden Schaltpläne und dann natürlich einiges an Zeit für die Löt- und Messarbeiten. Vor allem der letzte Punk kostet einfach Geld!
Wer irgendwo im Internet ein Angebot findet, in dem ein vergleichsweise günstiges und bereits revidiertes Gerät angeboten wird, sollte sich immer folgende Fragen stellen:
- Was wurde revidiert? (Liste der Bauteile)
- Wer hat revidiert? (Fachpersonal oder Hobby-Bastler)
Wenn es auf eine der beiden Fragen eine Antwort gibt, die keinen „professionellen“ Eindruck hinterlässt, sollte immer Vorsicht geboten sein! Leider ist es im Leben häufig so: Wenn etwas zu gut erscheint, um wahr zu sein (z.B. Preis und Leistung), dann ist es in der Regel nicht gut!
Mastermaschine oder keine Mastermaschine?
Immer wieder stolpere ich bei diversen Online-Auktionen über Artikel in denen eine ReVox A77, B77 oder die ReVox PR99 als „Mastermaschine“ von Verkäufern angepriesen wird. Stopp! Keine dieser Maschinen ist oder war eine Mastermaschine! Dieser Begriff, der eine besonders hohe Qualität vermitteln soll, ist vollkommen falsch gewählt und spricht bestenfalls vom Unwissen des Verkäufers.
Mastermaschinen gab es, wenn überhaupt, nur von STUDER! ReVox hat dieses Marktsegment nie bedient! Maschinen dieses Typs wurden in der Regel von Schallplattenstudios verwendet, um ein Master-Tonband für die Produktion der Schallplatte oder CD anzufertigen. Diese Maschinen verfügen also über eine noch hochwertigere Audiotechnik und eine extrem präzise Bandführung, damit das Audiosignal immer absolut perfekt aufgenommen und wiedergegeben werden kann. Zudem verfügen diese Maschinen mitunter über die Bandgeschwindigkeiten von 38 und 76 cm/s. Von STUDER wurden nur die folgenden Geräte offiziell als Mastermaschinen verkauft: STUDER A80, STUDER A820 und STUDER A816. Alle anderen Produkte sind keine Mastermaschinen (auch nicht STUDER A807, A810 und A812) und sollten von Verkäufern bitte auch nie so angepriesen werden.
Internetkauf: Worauf man achten sollte
Schon seit einigen Jahren werden gebrauchte Tonbandgeräte überwiegend über das Internet verkauft. Gerade Kleinanzeigenportale wie Ebay-Kleinanzeigen sind voller entsprechender Angebote. Leider sind gerade auf diesen Märkten aber auch reichlich Betrüger unterwegs!
Vorsicht sollte geboten sein, wenn folgende Punkte teilweise oder vollständig zutreffen:
- Hat der Verkäufer keine oder viele schlechte Bewertungen?
- Kommt der Verkäufer aus einem Land außerhalb Europas? (Achtung: erhöhte Betrugsgefahr!)
- Bietet der Verkäufer für die Bezahlung keine Barzahlung an, sondern nur Paypal oder vergleichbare Dienste?
- Weitere Anzeichen für Betrug finden Sie hier und hier.
Positive Punkte bei einem Online-Einkauf sind:
- Verkäufer bietet Selbstabholung und Barzahlung bei Abholung an.
- Verkäufer ist mindestens auch telefonisch erreichbar.
Die Seriennummer
Die Seriennummer ist bei STUDER und ReVox Geräten stets eine Möglichkeit, um das Alter eines Gerätes eingrenzen zu können. Seriennummern befinden sich in der Regel an der Geräterückseite auf einem kleinen Schild. Bei einer ReVox A77 ist der Aufkleber mit der Seriennummer z.B. „versteckt“ hinter einer kleinen Kunststoffklappe auf der Geräterückseite, die man einfach öffnen kann.
Norbert Sernov zeigt auf seiner Seite „Technik und Natur“ eine gebrauchte ReVox A700 mit sehr viel „Patina“, die offensichtlich dringend einer Revision bedarf. Das Schild an der Geräterückseite zeigt die No. 10809. Im Vergleich mit der ReVox-Übersicht (hier auf der Seite) zeigt sich, dass das Gerät zwischen Juli 1973 und November 1980 gefertigt wurde. Mit der Seriennummer lässt sich also ziemlich gut feststellen, wie alt ein Gerät in etwa ist und ob ein Verkäufer die „Wahrheit“ sagt über das zu verkaufende Gerät. Bei Unklarheiten mit dieser Nummer kann ggf. auch die Firma ReVox aushelfen. Eine freundlich geschriebene Email mit der Frage zu einem historischen Gerät, wird dort in der Regel immer beantwortet.
Der Einkauf
Wenn Sie dann das Glück haben ein schönes Gerät bei einem seriösen Verkäufer gefunden zu haben, dann gilt es weitere Punkte zu beachten. Empfehlenswert ist es auf alle Fälle immer, sich nicht auf Bilder einer Auktion zu verlassen. Grundsätzlich gilt hier: Je mehr Bilder eine Auktion hat, in denen auch optische Fehler (Kratzer, Dellen, fehlende Teile) beschrieben werden, umso besser! Von Auktionen, die z.B. Original Produktfotos verwenden (diese Bilder werden von Verkäufern immer wieder gerne auf meiner Seite „geklaut“), ist grundsätzlich komplett abzuraten! Wer es nicht schafft, das zu verkaufende Gerät für eine Online-Auktion halbwegs ordentlich abzulichten, der sollte meiner Meinung nach auch nichts verkaufen wollen, oder darf zumindest nicht erwarten, dass jemand ein ernsthaftes Interesse dafür zeigt.
Am besten ist also immer die Selbstabholung und Barzahlung beim Verkäufer! Sicherlich ist dies aufwändiger für den Käufer, schafft aber eindeutige Sicherheit! Vor Ort sollte man dann das Gerät auf Herz und Nieren prüfen. Dazu gehören folgende Schritte:
- Wiedergabe und Aufnahme testen (eigenes Tonband mitbringen)!
- Umspulfunktion und weitere Arten des Band-Transports testen (z.B. Funktion „Shuttle“ bei STUDER A807)
- Funktionieren VU-Meter für die Pegel-Anzeige und deren Beleuchtung?
- Sehr wichtig: In welchem Zustand sind die Tonköpfe?
- Allgemeiner optischer Zustand: Kratzer im Lack, Dellen, Macken, Beschädigung durch Nikotin.
STUDER ReVox Revision: Wer macht das heute noch?
Wenn dann das Wunschgerät endlich daheim im Wohnzimmer steht und man feststellt, dass die ein oder andere Gerätefunktion nicht das macht, was sie soll, spätestens dann ist eine Reparatur oder Revision erforderlich. Der Unterschied ist folgender: Bei einer Reparatur wird nur ein akutes Problem gelöst. Dies ist in der Regel günstiger und schneller zu machen als eine Revision. Dabei werden alle Bauteile ausgetauscht, die aufgrund des Alters erfahrungsgemäß störanfällig sind. Dies sind vor allem alte Kondensatoren und andere Bauteile, die nicht mehr die benötigten Werte liefern und manchmal auch im wahrsten Sinne des Wortes „abrauchen“ können.
Zwar kann eine einfache Reparatur auftretende Probleme schnell lösen, bietet aber leider keine dauerhafte Sicherheit. Wie oben schon beschrieben: Die entsprechenden Geräte sind alle zwischen 20 und 50 Jahre alt und auch elektronische Bauteile haben eine begrenzte Lebenszeit. Nach einer echten Revision ist das Gerät von innen förmlich neu und wird sehr wahrscheinlich die nächsten 20 Jahre ohne größere Probleme seinen Dienst tun.
Fakt ist: Wer eine echte Revision machen möchte, der muss wirklich wissen, was er tut! Das ist die Aufgabe für einen Fachmann! Empfehlen kann ich an dieser Stelle folgende Namen. Die Herren sind jeweils ehemalige Mitarbeiter der Firma STUDER ReVox, haben dort gelernt und / oder Jahre lang im Service und anderen Bereichen gearbeitet und sind vor allem auf STUDER-Produkte spezialisiert:
Einen ebenfalls sehr guten Namen haben die folgenden Anbieter die eher auf ReVox-Produkte spezialisiert sind:
- In erster Linie natürlich die Firma ReVox, die auch revidierte Gebrauchtgeräte und Revisionen anbietet
- Thomas Schröder von revox-online.de
- Die ReVox Service AG in der Schweiz
Die oben genannten Adressen bieten auch immer wieder bereits revidierte Geräte mit Garantie an. Selbstverständlich gibt es noch weitere „gute Adressen“. Diese finden Sie in der Linksammlung hier auf der Seite.
Sie benötigen weitere Unterstützung?
Sollten Sie jetzt noch weitere Fragen zum Thema haben oder Tipps für eigene Reparaturen benötigen, dann möchte ich das STUDER und ReVox Forum empfehlen welches zu dieser Seite gehört. Die Registrierung ist kostenlos und schnell gemacht. Dort finden Sie jede Menge (technisch) erfahrene Nutzer, die gerne aushelfen. Wenn Sie einen Beitrag schreiben, in dem Sich sich kurz vorstellen, wird das von den anderen Mitgliedern begrüßt und sehr gerne gesehen! Wenn Ihnen dieser Artikel „Tonbandgerät kaufen – ein Ratgeber“ gefallen hat, freue ich mich über einen entsprechenden Kommentar am Ende dieser Seite! Bitte beachten Sie aber, dass die Kommentarfunktion auf diesen Seiten grundsätzlich nicht für technische Fragen gedacht ist.
Sind Sie auf der Suche nach interessanten Weblinks oder technischen Unterlagen (Schaltpläne)?
- Weblinks zu Werkstätten, Ersatzteilen und Händlern
- Kostenloser Download-Center mit jeder Menge Schaltplänen, Prospekten und mehr
Ganz zum Schluss bleibt mir noch zu sagen, dass dieser Artikel natürlich nicht den Anspruch der Vollständigkeit erhebt! Inspiriert wurde ich durch immer wieder gestellte Fragen zum Thema, die mich regelmäßig per E-Mail erreicht haben. Ich freue mich, wenn ich einige Fragen von potenziell interessierten Käufern beantworten konnte.
Die Philips N4522, eine von der Revox A700 „inspirierte“ semi-professionelle Zweispur-Tonbandmaschine von 1979 mit 9,5, 19 und 38 cm/s, ermöglichte mit ihrem regelbaren Bias die optimale Einmessung auf praktisch alle damals erhältlichen Tonbandfabrikate (und damit auch einen gründlichen Tonband-Vergleichstest), und eignete sich mit ihrer Bandzugregelung auch für Dreifachspielbänder. In den damaligen Bandmaschinen-Vergleichstests lag sie praktisch immer im Spitzenfeld (etwa mit der ASC 6002 und der Tandberg TD20A), jedenfalls vor der Revox B77; unter den späteren Maschinen dieser Konzeption verdient auch noch die Teac X-2000M von 1984, in der professionellen Version als Tascam 3030, Erwähnung, wobei sie auch die Eignung für EE-Tonbänder (Typ II) und einen zusätzlichen Vierspur-Wiedergabekopf, aber nur 19 und 38 cm/s als Bandgeschwindigkeiten bot. (Die nicht EE-taugliche professionelle Technics RS 1520 erlaubte sogar eine Anpassung der Equalisierung.)
Nun sind EE-Bänder immer eine auf wenige Maschinen beschränkte Kuriosität geblieben, aber der Vorteil, normale Bänder (Typ I) etwa von Maxell, TDK, Agfa und BASF/Emtec/RMG/RTM auf einer Maschine ohne Service-Einmessung verwenden zu können, eröffnet auch heute noch eine große Auswahl an gebrauchten und eine maximale Auswahl an neuen Bändern, wie etwa zwischen RTM LPR 35/SM911 und LPR 90/SM900.
Einen großen Lob an den Verfasser dieses Ratgebers… Sehr ehrlich, direkt und aufschlussreich… Technisch fundiert un zuverlässig… Vielen Dank…
Herzlichen Dank! 🙂