Technik ändert sich, Gefühle bleiben!
Klebende und schmierende Tonbänder
Klebende und schmierende Tonbänder

Klebende und schmierende Tonbänder

Die Lagerung von Magnetbändern kann nach einigen Jahren unter Umständen ganz spezifische Probleme mit sich bringen. Bänder quietschen, beim Abspielversuch bilden sich dicke Schmierstellen an Tonköpfen und Bandführungen welche auch bei Maschinen mit kräftigen Wickelmotoren nach kurzer Zeit zum Bandstillstand führen.

Der Abspielversuch wird von diesen Schmierstellen, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen, durch deren Bremswirkung hervorgerufen.

Klebende, schmierende Tonbänder

Wer noch alte Tonbänder im Schrank hat, der muss also immer damit rechnen, dass diese Bänder früher oder später ihre Funktion versagen. Defekte Bänder haben u.a. die Eigenschaft, dass sich die Magnetschicht ablöst (siehe Bild) und das somit – wenn überhaupt – nur die tragende Plastikfolie bestehen bleibt (siehe dazu mein Video weiter unten auf der Seite).

Welche Tonbänder sind betroffen?

Das lässt sich leider nicht pauschal sagen! Betroffen ist nicht nur der „Hersteller X“ oder die „Bandmarke Y“. Teilweise sind es nur einzelne Chargen die diese Probleme haben, manchmal sind es spezielle Tonbandtypen. Besonders negativ sind aber scheinbar die Bänder der Firmen Shamrock und Scotch zu bewerten. So habe ich teilweise schon – vor einigen Jahren – frische Bänder aus der Verpackung genommen die gleich gequietscht haben und eine enormen Bandabrieb hatten. Auch bei einigen ReVox-Tonbändern gibt es das Problem bei manchen Chargen (zumindest so lange von ReVox die „601 Scotch-Tonbänder“ verwendet wurden).

Die letzten Hersteller von Tonbändern die es heute noch gibt behaupten übrigens, dass man inzwischen die chemische Rezeptur geändert habe, so dass es derartige Probleme in Zukunft nicht mehr geben würde. Naja – warten wir mal 30 Jahre ab und sehen wir dann mal weiter… 😉

Was ist der Hintergrund?

Technisch liegt es an den hygroskopischen (wasseranziehenden) Eigenschaften der auf die Trägerfolie aufgebrachten Magnetschicht. Die Feuchtigkeit löst die Magnetschicht von der Trägerfolie ab und bildet zusammen mit der Magnetschicht diesen Schmierfilm. Dieser Prozess lässt sich durch eine Lagerung bei geringer Luftfeuchtigkeit und konstanter Temperatur zwar verzögern, jedoch nicht vermeiden. Es gibt aber einige wenige Bänder, bei denen so etwas – zumindest bis jetzt – noch nie aufgetreten ist.

Kann man defekte Tonbänder reparieren oder restaurieren?

Ja! Allerdings ist dies sehr zeitaufwändig und benötigt einiges an Erfahrung. Ich selber habe es bisher noch nicht ausprobiert. Bekannt ist aber, dass man Tonbänder „aufbacken“ kann. Sehr interessant ist auch dieser Artikel (Englisch) und dieser Artikel (PDF-Dokument, deutsch) zum Thema „Tonbänder restaurieren“.

In den folgenden beiden Videos (Englisch) wird Schritt für Schritt das Backen von Tonbändern erklärt. Welche Temperatur wird verwendet? Welche Art von Ofen sollte man benutzen? Kann man die Tonbänder nach dem Backen ganz regulär abspielen? Hier sind die Antworten…

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Vorbeugen ist besser…

Natürlich: vorbeugen ist immer besser als Nachsorgen. Aber wer kann schon ahnen, dass sich die eigenen Tonbänder irgendwann in Wohlgefallen auflösen? Trotzdem ist es für viele Tonbandfreunde sicherlich interessant, wie ein optimales Schallarchiv aufgebaut sein sollte. Die Schweizer Nationalphonothek gibt in diesem Artikel einen kleinen Einblick in das eigene Archiv und berichtet über klimatische Bedingungen und die technische Ausstattung des Archivs.

Mein klebendes Tonband – Videodokumentation

Eines Tages holte ich mal wieder ein altes Band aus dem Schrank. Es lag bestimmt ein oder zwei Jahre an unterster Stelle auf dem Stapel. Nachdem es nicht beschriftet war, war ich umso neugieriger auf den Inhalt… Zu Tage kam ein vollkommen verklebtes und von seiner Magnetschicht größtenteils befreites Band eines mir nicht näher bekannten Herstellers. Das Band klebte so ineinander, dass es nicht mal mehr vom freitragenden Wickel (Bobby) herunter rutschte. Seht Euch einfach folgendes Video an.

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12 Kommentare

  1. Heinz Anderle

    Soja-Lecithin als Dispergiermittel für die feinen magnetischen Oxidpartikel im Gemisch aus Lösungsmittel und Polymeren zu verwenden war von vornherein keine gute Idee: die darin reichlich enthaltene Linolsäure, eine zweifach ungesättigte Fettsäure, neigt an feuchter Luft durch Selbst-Oxidation zum ranzig Werden. Dies führt neben dem Schmieren und Kleben auch zum typischen ranzigen Geruch solcher Bänder. Solche Probleme wurden zuerst bei Datenspeicherbändern bemerkt und untersucht, im Bereich der Audiobänder aber offenbar nie breit getreten, bis es schon zu spät war.

    (Die Zusammensetzung der Dispersionen zum Beguß der Trägerfolie läßt sich zumeist nur aus den offengelegten Patenten ermitteln.)

  2. Heinrich Kolotylo

    Hallo, dem kann ich mich nur anschließen, bin seit einigen Jahren im Besitz einer Revox A77 MK III und benutze hauptsächlich Maxell XLII Bänder die zwar schon alt sind aber immer noch beste Ergebnisse garantieren und nur wenig Abrieb hinterlassen. Schade nur dass sie derzeit kaum bezahlbar sind1

    1. Heinz Anderle

      Maxell XL II Bänder sind als „Extra Efficiency“-Typ II-Bänder nur für wenige Bandmaschinen etwa von Akai oder Teac geeignet, nicht aber für die Revox-Modelle. Es muß sich daher wohl um UD-XL- oder XL-I-Bänder handeln.

  3. Stefan Heimers

    Bei klebenden und quietschenden Bändern schmiere ich die Bandführung und die Tonköpfe mit ein ganz klein Wenig Silikonfett, das behebt das Problem. (Funktioniert auch bei VCR-Videokassetten)

  4. Dirk

    Hallo,
    ich möchte zu dem Kommentar von Mathias noch etwas hinzufügen.

    >> 10 LPR35 gekauft, Dreck und Höhenabfall bei der Hälfte. Nochmals 10S Stück bei Thomann aus aktueller Produktion gekauft = gleiches Lied !!!

    Die LPR35/LPR90 Bänder aus neuer und alter Produktion laufen super auf den Revox A77/B77 Geräten.
    Die Tonbandmaschine muss für Neuaufnahmen auf das Band neu eingemessen werden. Ansonsten können Höhenabfall, überhöhte Höhen oder Verzerrungen auftreten. Das ist aber schon immer bei unterschiedlichem Bandmaterial so. Neu einmessen und die Aufnahmen werden super gut.

    1. Hallo Alexander! Vor allem das LGR50 ist dafür bekannt, dass es extrem strapazierfähig und extrem langlebig ist. Ich habe noch niemals von Problemen mit diesem Bandtyp gehört. Nicht umsonst hat der Rundfunk in Deutschland nahezu ausschließlich mit diesem Bandtyp gearbeitet. Teilweise kam damals auch das AGFA PER528 zum Einsatz. Auch dazu kenne ich keinerlei Negativfakten.

  5. Wir digitalisieren Tonbänder gewerblich. Zu 99,9% sind alle eingesendeten Tonbänder in einwandfreiem Zustand und klingen wie am ersten Tag. Nur die sehr wenigen Kunden, die Scotch oder Shamrock gekauft haben, machen Probleme. Trick ist die Bänder auf 4,75 oder 2,4 abzuspielen und die digitale Aufnahme x 4 zu nehmen. Dann ist das Quietschen oberhalb 20kHz und verzerrt die Aufnahme nicht. Aber alles was BASF, AGFA, ORWO … ist – funktioniert bestens.

  6. Mathias

    Habe in den 80ern etwa Hundert 911er mit meiner B77 bespielt. Nach ca 10 Jahren klebten etwa die Hälfte, Resultat = aus Frust ALLES verschenkt! 2015 durch Zufall und Nostalgie wieder damit angefangen, 10 LPR35 gekauft, Dreck und Höhenabfall bei der Hälfte. Nochmals 10S Stück bei Thomann aus aktueller Produktion gekauft = gleiches Lied !!!

    Bin jetzt auf Kassette umgestiegen und habe absolut KEINE Probleme, auch nicht mit alten (vor 40 Jahren aufgenommen)! Meine Quintessence: die Rückseiten-Haftbeschichtung verträgt sich nicht mit der Magnetschicht und verklebt sich mit ihr! Wer’s nicht glaubt prüfe mal ein Band aus den 60ern (ja die grünen dünnen ohne Rückseitenbeschichtung). Schade um die schönen Maschinen…

    1. Thomas

      Nun, ich glaube, es gibt da Bänder, die 30 Jahre und mehr auf dem Buckel haben können – und noch einwandfrei sind …. Meine REVOX- und AGFA-Bänder verschmieren heftig alle bandführenden Teile. Aber meine alten MAXELL-Bänder überhaupt nicht!! Das wissen wohl auch andere … auf eBay werden die MAXELL-Bänder hoch gehandelt.

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